Denn die Haftung ist auf das Stammkapital beschränkt. Nicht umsonst lautet die Bezeichnung „Gesellschaft mit beschränkter Haftung“. Auch die Limited (englisch für „begrenzt“) verweist schon mit ihrem Namen auf die Haftungsbeschränkung. Wer seinen Geschäftsanteil wirksam geleistet hat, soll von den Gläubigern der Gesellschaft persönlich nicht in Haftung genommen werden dürfen.
Allerdings hat die Rechtsprechung in letzter Zeit die Geschäftsführerhaftung - als Abweichung vom Grundsatz der beschränkten Haftung einer GmbH - immer weiter ausgedehnt. „Durchgriffshaftung“ wird die Geschäftsführerhaftung auch genannt - die Haftung geht „durch die Gesellschaft“ zum Geschäftsführer als Person, der dann mit seinem eigenen Vermögen für die Schulden der GmbH haftet.
Das heißt: Die Haftung ist nicht mehr beschränkt, der Geschäftsführer haftet voll.
Drei Fallkonstellationen treten in diesem Zusammenhang immer wieder auf:
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Geschäftsführerhaftung aufgrund Missbrauch der Haftungsbeschränkung;
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Geschäftsführerhaftung aufgrund einer „Waschkorblage“;
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Geschäftsführerhaftung aufgrund einer Unterkapitalisierung.
Erster Fall: Die Beschränkung der Haftung wird missbraucht
Die erste Fallkonstellation (Haftungsbeschränkungsmissbrauch) hat oft sogar auch strafrechtliche Aspekte. In diesen Fällen wird die Rechtsform einer Gesellschaft ganz bewusst ausgenutzt: Die Haftungsbeschränkung auf die GmbH hat den einzigen Zweck, eine Haftung der eigentlich verantwortlichen Person auszuschließen. Die Rechtsprechung sieht hier die Geschäftsführerhaftung damit gerechtfertigt, dass in diesen Fällen ein rechtswidriger Erfolg, der von der Rechtsordnung nicht toleriert werden kann, herbeigeführt werden soll. Der Gesellschafter als Leitungsorgan muss deshalb mit seinem eigenen Vermögen haften.
Der klassische Fall: Die Wahl der Rechtsform dient nur dazu, Zahlungsverpflichtungen zu entkommen.
Es ist für einen Gläubiger in diesen Fällen aber nicht immer einfach, sich auf eine Geschäftsführerhaftung zu berufen, denn grundsätzlich ist der Anspruch ja gegen die Gesellschaft (und eben nicht den Gesellschafter als Person) entstanden. Ansprüche gegen eine GmbH sind immer auf das Stammkapital beschränkt - jeder Gläubiger, der mit einer GmbH Geschäfte abschließt, muss dies wissen und das entsprechende Ausfallrisiko tragen. Er darf sich grundsätzlich nicht auf eine eventuelle Geschäftsführerhaftung verlassen. Nur bei einer unzulässigen Rechtsausübung sieht es die Rechtsprechung für zulässig an, von diesem Grundsatz abzuweichen und eine Geschäftsführerhaftung zuzulassen.
Zweiter Fall: Gesellschafts- und Privatvermögen sind schwer auseinanderzuhalten („Waschkorblage“)
Oft lässt sich aus der Buchführung nicht ersehen, welche Positionen dem Privatvermögen und welche dem Gesellschaftsvermögen zuzuordnen sind - so genannte Sphärenmischung. Es findet praktisch eine Ausschaltung des Systems der Verhaltenssteuerung und Binnenverantwortung statt und es ist unmöglich, das Vermögen der GmbH von anderen Firmen und natürlichen Personen abzugrenzen.
Die Buchhaltung ist unübersichtlich, lückenhaft und meist manipuliert.
Auch in diesen Fällen sieht die Rechtsprechung Raum für die Annahme einer Geschäftsführerhaftung. Kein Grund für eine Geschäftsführerhaftung aufgrund einer Waschkorblage sind aber lediglich auffällig viele Privatentnahmen. Auch wenn diese ein exzessives Maß erreichen, so ist doch eine Geschäftsführerhaftung ausgeschlossen, so lange das Vermögen der GmbH noch klar von denen der entnehmenden Teilhaber abgrenzbar und die Substanz des Stammkapitals nicht betroffen ist.
Ein Hinweis auf Sphärenvermischung, die eine Geschäftsführerhaftung begründen kann, können mehrere im selben Raum betriebene Unternehmen sein. In diesem Fall ist eine organisatorische Trennung von GmbH und deren Teilhabern für einen Außenstehenden nicht möglich. Im Rechtsverkehr ist nicht klar zu unterscheiden, welche Vermögenswerte, Vertragsbeziehungen und Ansprüche welchen natürlichen oder juristischen Personen zuzuordnen sind - im Sinne der Gläubiger muss deshalb die Geschäftsführerhaftung eingreifen.
Dritter Fall: Die Unterkapitalisierung
Ein krasses Missverhältnis zwischen dem (haftenden) Gesellschaftskapital und dem Geschäftsvolumen des Unternehmens kann ebenfalls eine Geschäftsführerhaftung begründen. In diesem Fall liegt der Grund für die Geschäftsführerhaftung in der Unterkapitalisierung der GmbH. Wenn das Eigenkapital nicht im Entferntesten ausreicht, einen Finanzbedarf zu befriedigen, der nach Art und Umfang der Geschäftstätigkeit (auch wenn diese nur angestrebt wird) notwendig ist, ist eine Unterkapitalisierung gegeben.
Beispiel: Eine GmbH mit 25.000 Euro Eigenkapital betreibt eine Flugzeugfabrik. In diesen Fällen spielen natürlich auch Kreditfinanzierungen eine Rolle. Werden die Geschäfte hauptsächlich mit Darlehen finanziert, müssen diese auf dem Hintergrund einer klaren und verständlichen Kalkulation abgeschlossen werden und die Begleichung der Schulden darf keinen Rückgriff auf die Substanz des Stammkapitals erforderlich machen - dann nämlich droht die Insolvenz beziehungsweise Gesellschaftsauflösung.
Auch in diesen Fällen ist nicht nur eine Geschäftsführerhaftung eine denkbare Konsequenz, auch das Strafrecht kann hier einschlägig sein. Insolvenzverschleppung ist als Bankrott strafbar. Das kann im schlimmsten Fall eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren zur Folge haben. Es ist also wichtig, stets zu prüfen, ob die Gesamtverbindlichkeiten geringer sind als das Vermögen.